Der Kick­bo­xer Frank Kres­se will sich auch am Rats­tisch durch­bo­xen

Der 52-jäh­ri­ge Stadt­rat von den Bür­gern für Laden­burg hat viel­sei­ti­ge Talen­te /​Ein Laut­spre­cher will der Flie­sen­le­ger am Rats­tisch nicht sein

Von Axel Sturm (Arti­kel in der LAZ)

Frank Kres­se steht der lin­ken Poli­tik auf­ge­schlos­sen gegenüber.

Mit 2.062 Wäh­ler­stim­men wur­de Frank Kres­se der „Stim­men­kö­nig« der Bürger für Laden­burg und damit war sein Ein­zug an den Rats­tisch per­fekt. „Ich habe kaum Wahl­kampf gemacht. Es hät­ten sogar noch eini­ge Stim­men mehr sein kön­nen«, mein­te der selbst­stän­di­ge Flie­sen­le­ger, der als Hand­wer­ker zu den stadt­be­kann­ten Per­so­nen in Laden­burg zählt. Mit sei­nem per­sön­li­chen Wahl­er­geb­nis, aber auch mit dem Ergeb­nis der Bürger für Laden­burg (BfL) ist der 52-jäh­ri­ge Laden­bur­ger durch­aus zufrie­den. „Zwei Sit­ze sind ok – drei Sit­ze wären aber mög­lich gewe­sen«, sag­te Kres­se beim LAZ-Besuch in der Daim­ler­stra­ße. Hier wohnt er im Haus sei­ner Eltern, das der Flie­sen­le­ger­meis­ter Kurt Kres­se zusam­men mit sei­ner Frau Ilse gebaut hat. In der Daim­ler­stra­ße gründete Kurt Kres­se in den 1970er Jah­ren den Flie­sen­le­ger­be­trieb, der nach dem Tod des Firmengründers im Jahr 2001 geschlos­sen wur­de. Frank Kres­se wuchs zusam­men mit sei­ner älte­ren Schwes­ter also in einer klas­si­schen Hand­wer­ker­fa­mi­lie auf. „Die Selbst­stän­dig­keit präg­te das Fami­li­en­le­ben. Mei­ne Eltern waren als Selbst­stän­di­ge eher kon­ser­va­tiv ori­en­tiert«, erzählt der neue Stadt­rat. Er selbst dach­te „eher links« und war „rebel­lisch«, wobei er ins­be­son­de­re mit sei­nem Vater kon­tro­ver­se Dis­kus­sio­nen führte. Frank Kres­se lern­te sei­nen Vater wäh­rend sei­ner Flie­sen­le­ger­leh­re als „har­ten Hund« ken­nen, die er im elter­li­chen Betrieb absol­vier­te. An der Laden­bur­ger Meri­an-Real­schu­le mach­te er sei­nen Abschluss und sei­ne anschlie­ßen­de Leh­re war für ihn mehr Qual als Freu­de.

Am Sand­sack kann sich der selb­stän­di­ge Flie­sen­le­ger so rich­tig aus­po­wern

Aufgeblüht ist der jun­ge Mann dann in sei­ner Zivil­dienst­zeit, die er 18 Mona­te beim Arbei­ter-Sama­ri­ter-Bund in Mann­heim absol­vier­te. „Die­se Zeit hat mich geprägt und posi­tiv beein­flusst«, erzählt­Kres­se, der Men­schen ken­nen­lern­te, die nicht auf der Son­nen­sei­te des Lebens stan­den. Er betreu­te behin­der­te Men­schen, war als Ret­tungs­hel­fer bei schwe­ren­Un­fäl­len dabei und muss­te ler­nen, mit dem Tod umzu­ge­hen. „Nicht alle Ein­sät­ze gin­gen gut aus«, erzählt Kres­se, der viel fürs Leben ler­nen konn­te. Er ist daher der Mei­nung, dass ein ver­pflich­ten­des sozia­les Jahr für unse­re Gesell­schaft­ein Gewinn sein könn­te. „Jun­ge­Men­schen, die in einem Alten­heim oder in einem Kran­ken­haus ihren Dienst tun, könn­ten in die­ser Spar­te eine beruf­li­che Per­spek­ti­ve sehen«, meint Kres­se, dem der Arbeits­kräf­te­man­gel im sozia­len Bereich Sor­ge berei­tet. Als sein Vater schwer erkrank­te, erleb­te die Fami­lie selbst, wie wich­tig es ist, dass es enga­gier­te Pfle­ge­kräf­te gibt. Er selbst sah sich im Hand­werk gut auf­ge­ho­ben. Doch dann erlitt der jun­ge Flie­sen­le­ger einen Band­schei­ben­vor­fall, der ihn zwang, sich beruf­lich umzu­ori­en­tie­ren.

In der Flie­sen­le­ger­bran­che zu Hau­se
Er wur­de über das Arbeits­amt zum Sys­tem-Elek­tro­ni­ker aus­ge­bil­det. Sei­ne Zukunft sah Kres­se, der auch einen kauf­män­ni­schen Abschluss in der Tasche hat­te, in der IT-Bran­che. Eine Stel­le in Fest­an­stel­lung fand er aber nicht. Noch heu­te schüttelt er den Kopf, weil staat­lich geför­der­te Fort­bil­dungs­maß­nah­men trotz sei­nes Abschlus­ses nicht zu einer neu­en beruf­li­chen Per­spek­ti­ve führten. Er merk­te, dass er sein Leben selbst in die Hand neh­men muss und stieg wie­der in die Flie­sen­le­ger­bran­che ein. Gesund­heit­lich ging es ihm wie­der bes­ser, denn sei­ne sport­li­chen Akti­vi­tä­ten ver­fehl­ten ihre Wir­kung nicht. „Den Meis­ter­kurs als Flie­sen­le­ger habe ich lei­der nicht gepackt«, erzählt Kres­se selbst­kri­tisch, dass er sei­ne Prio­ri­tä­ten nicht immer rich­tig setz­te. Für ihn war es jedoch ein Glücksfall, dass die Meis­ter-Vor­aus­set­zun­gen auf­ge­ho­ben wur­den, um einen Flie­sen­le­ger­be­trieb zu eröff­nen. Die Infra­struk­tur in der Daim­ler­stra­ße war ja noch vor­han­den, sodass sich Kres­se im Jahr 2006 selbst­stän­dig mach­te.
Den Schritt hat der Hand­wer­ker nie bereut. Er ist als Ein­zel­kämp­fer unter­wegs und kann sich über eine man­geln­de Auf­trags­la­ge nicht bekla­gen. Kres­se, der auch Senio­ren-Wohn­be­ra­ter ist, arbei­tet mit Ver­si­che­run­gen zusam­men. Die schät­zen den Hand­wer­ker, weil er schnell Ver­si­che­rungs­schä­den wie Flie­sen­ar­bei­ten nach Rohrbrüchen oder Klein­auf­trä­ge erle­digt. Im Neu­bau­ge­schäft ist Kres­se nicht tätig. „Ich habe mit den Klein­auf­trä­gen eine Nische gefun­den, die für Aus­las­tung sorgt«, ist Kres­se in sei­nem Beruf fest eta­bliert.

Das Spiel auf sei­ner Hand­pan berei­tet dem viel­sei­tig begab­ten Musi­ker viel Freu­de.

Ab und zu erhält er auch Auf­trä­ge von der Stadt Laden­burg und auch diver­se Haus­ver­wal­tun­gen wis­sen die Fle­xi­bi­li­tät des Hand­wer­kers zu schät­zen. Poli­ti­sche Dis­kus­sio­nen sind dem neu­en Stadt­rat nicht fremd. Er schaff­te es zwar sel­ten, sei­nen kon­ser­va­ti­ven Vater „zu bekeh­ren«, aber mit sei­nen lin­ken Ansich­ten sei er selbst ganz gut gefah­ren. Von sei­nem Arzt Dr. Hil­ger ließ er sich 2009 überreden auf die Lis­te der Frei­en Wäh­ler zu gehen, die aller­dings noch nie lin­ke Ansich­ten hat­ten. Gewählt wur­de er damals nicht. Sei­ne poli­ti­sche Hei­mat war dann für eini­ge Jah­re die SPD. Bei den Genos­sen war er Par­tei­mit­glied – auf die Kan­di­da­ten­lis­te des Orts­ver­eins woll­te er aber nicht. Die poli­ti­sche Rich­tung der Bun­des-SPD woll­te er letzt­end­lich nicht mehr mit­tra­gen und trat aus der Par­tei aus.
Poli­tisch aktiv wur­de er wäh­rend der Coro­na-Zeit. Er betei­lig­te sich an den Mon­tags­spa­zier­gän­gen und beschäf­tig­te sich mit den The­sen der Par­tei „die­Ba­sis«. Ein­ge­tre­ten sei er jedoch nicht, erzählt Kres­se. Als er hör­te, dass sich nach dem Rückzug der Frei­en Wäh­ler die Bürger für Laden­burg gründen wol­len, war er von Anfang an dabei. „Wir sind eine bunt gemisch­te Grup­pe – hier fühle ich mich wohl und ich den­ke, dass wir uns eta­blie­ren wer­den«, ist Kres­se zuver­sicht­lich, dass die BfL „gute Rats­ar­beit leis­ten wird«. Er selbst sei kein Laut­spre­cher. Der bes­se­re Red­ner sei zwei­fels­oh­ne sein Rats­kol­le­ge Tho­mas Loh­mann, mit dem er ver­trau­ens­voll zusam­men­ar­bei­tet. Nach sei­ner Wahl zum Stadt­rat wird Kres­se nun noch weni­ger Zeit für sei­ne Hob­bys haben. Er ist kul­tu­rell sehr inter­es­siert und ist ger­ne unter Men­schen. Er hat gleich meh­re­re Stamm­knei­pen in Laden­burg und hat daher einen gro­ßen Bekann­ten­kreis. Rich­tig abschal­ten kann Kres­se aber in sei­nem Musik­kel­ler. Hier steht sein Schlag­zeug und gleich meh­re­re E‑Gitarren wol­len bespielt wer­den. Als Band­mit­glied von „Fain test Nati­on« spiel­te er unter ande­rem beim Fes­ti­val „Rock at Church«. „Alter­na­tiv Rock ist eine Lei­den­schaft von mir«, erzählt Kres­se. Der ist auch Mit­glied einer „Afri­ka-Musik­grup­pe« wo er die Djem­bes spielt. Begeis­tern kann sich Kres­se an sei­nem der­zei­ti­gen Lieb­lings­in­stru­ment, dem hand­ge­schla­ge­nen Blech­klang­in­stru­ment, einer „Hand­pan«.
Sport­lich betä­tigt sich Kres­se in sei­nem eige­nen Fit­ness­raum oder beim Laden­bur­ger Bodo-Club. Kick­bo­xen sei abwechs­lungs­reich und bringt ihn run­ter, wenn er sich so rich­tig aus­po­wern will. Ein aggres­si­ver Mensch sei er übrigens nicht, ver­si­chert Kres­se, dass er sei­ne Kick­box-Kennt­nis­se am Rats­tisch nicht zei­gen wird. „Schließ­lich sit­zen dort eini­ge Poli­zis­ten, die mich sofort ver­haf­ten würden«, lacht Kres­se, der nicht nur mit dem Bun­des­po­li­zis­ten Sophi­an Habel (CDU) und dem Kri­mi­nal­kom­mis­sar Jens Rie­men­schnei­der (FDP), son­dern mit allen Rats­mit­glie­dern fried­lich und kon­struk­tiv zusam­men­ar­bei­ten möch­te.

-stu./Fotos: Sturm